Margot Honecker bringt ein Buch heraus. Es ist ein 256 Seiten langes Interview, das sie einem Berliner Publizisten gewährte. Hauptthema ist die Volksbildung in der ehemaligen DDR. Man kann eine umfassende Würdigung des Schulsystems, des Geschichtsunterrichtes und der ethisch-sittlichen Werte, der Einstellung zur Religion, der Staatsbürger- und Wehrkunde, der Kinderversorgung und der Idee des Sozialismus erwarten. Der reine Text ihres Interviews.
Sofort widmete die Bild-Zeitung diesem Werk die Aufmachung auf Seite Eins und eine halbe Innenseite mit realistischen und frekundlichen Fotos. So hoch und umfangreich gewürdigt zu werden, ist bestimmt nur wenigen großen Schriftstellern gewährt.
Bleibt nur die Frage: Was hat davon die Bildzeitung?

Wieder geht niemand auf die Frage ein.
Dabei ist das hoch int3ressant.
Man muss wissen: Die Aufmachung einer Zeitung ist so etwas wie der Mehrwert in der Ausbeutung. An dem Tage greift die Redaktion nach dem fettesten Happen für die Wirkung ihrer Ideologie. Am letzten Sonnabend war das offensichtlich das morgen erscheinende Buch "Volksbildung" von der Exponentin der DDR für dieses Thema. Was fällt einem da nicht alles ein!!
Mir vor allem: es war die gestdurchdachte und wirksamste Volksbildung der, na ich sage mal - der Welt. "Bild" weiß das natürlich. Also: rechtzeitig und mit aller Wucht dagegen hauen, oder? Und das mit höchster journalistische Kunst. Da kann man was lernen. Die Masse der 12 Millionen Leser wird nach dieser Aufmachung das Buch NICHT lesen. Soweit war der Chefredakteur bestimmt zufrieden.
Aaaaber - da gibt es doch außer den Alltagslesern noch die Pädagogen! Also wird alles total weggelassen, was für die Sache selbst interessant sein könnte und gleich zweimal groß über das Ganze geschrieben: "Unverbesserlich" und "Nichts dazu gelernt". Na bitte - da werden auch viele minderbelehrte Lehrer nicht zu dem Buch greifen.
Als alter Jlournalist kann ich bloß sagen: "Ganze Arbeit".
Bleibt die Frage: Wie wird die Linkspartei (wieder mal verspätet) zupacken?

Bestdurchdachte und wirksamste Volksbildung der Welt? Die Militarisierung des Unterrichts in den 80er Jahren und das Fach Staatsbürgerkunde haben Einiges dazu beigetragen, dass sich die Jugend von der DDR und dem Sozialismus abgewendet haben. Dauerhaft! Da hat Frau Honecker maßgeblich Schuld dran! Dass der Fachunterricht in z.B. den naturwissenschaftlichen Fächern vorbildlich war, mag sein. Aber wenn es um die Erziehung zu einem sozialistischen Bewusstsein ging, da war man überfordert. Wenn ich an meine Schulzeit in den 80ern zurückdenke, würde ich sagen, dass damals 20 % meiner Mitschüler sozialistisch eingestellt waren. Der Rest orientierte sich an der westlichen Konsumkultur.

Daaaa hast du voll Recht, und DAS weiß die Bildzeitung ganz genau, und genau DARAUF hat sie die ganze Aufmachung aufgebaut und dann - DARAUF beschränkt.
Es ist doch kein Zufall, dass die Finnen so gut im Pisa abschneiden. Wir wissen es doch alle: die haben das DDR-SYSTEM der Volksbildung monatelang studiert und dann bei sich eingeführt. Damit war natürlich nicht all das gemeint, was du sehr richtig aufgezählt hast. Nein, DAS haben die nicht übernommen, aber sie hatten ganz genau erkannt, dass sie als Spätaufsteiger im internationalen Wettkampf der Großen eine Jugend brauchen, die im Unterricht nicht Monopolie spielt und die Lehrerin nicht "Fotze" nennen dasf (unsere Ilse wird gleich wieder ... mit Recht). Und was sie auch übernommen haben - das gemeinsame Lernen bis zur zehnten Klasse und viele anderen Dinge, die z. B. in der BRD zu miserablen Schulergebnissen führen. Einiges hat man ja längst erkannt, aber - die entscheidenden Prinzipien würden ja Geld kosten, z. B. bessere und mehr gründlich studierten Lehrkräfte, und da ist die Liebe zur deutschöen Jugend zuende. DAFÜR will man kein Lehrbuch sehen, schon gar nicht von einer DDR-Ministerin.
Darauf bezog sich mein DDR-freundliches "beste der Welt". Bestimmt auch ein bisschen überzogen von mir, aber so bin ich nun mal. Journalistenfreiheit!

gelöscht

Nun mal was zur Volksbildung der DDR. Ich habe es so empfunden: In der POS wurde kein Schüler hängen gelassen, es wurde sich um jeden Schüler gekümmert, auch um die schwachen,die Lehrer haben so lange geübt bis jeder es konnte Es gab Lernbrigaden (Gute u.schwache Schüler arbeiten zusammen) Auch die FdJ-Nachmitage fand ich nicht schlimmm,auch den Wehrunterricht empfand noch als Abenteuer. Aber der Personenkult war schlimm. Ich hab mal als Erstklässler gesagt zu einem Ulbrichtbild was in unserem Klassraum hing, der sieht ja aus wie König Drosselbart!! Mir wurden aber die Ohren lang gezogen. Sclimmer war es in der Berufsschule Dort wurde man erpresst: Was Du willst Nicht in die DSF, dann Bekommst eben bloss Teilfacharbeiter. Bist Du dann ausem Knast gekommen hat man zu den weiblichen Lehrlingen gesagt, lassT Euch mit dem nicht ein das ist ein Assozialer!! Was nicht stimmte In derPraxisausbildung war genau wieder umgekehrt. Gruss: LIAZ

Genau so war es.
Carsten hat ja darüber auch schon sein Herz ausgeschüttet.
Wovon aber die Bild elegant abgelenkt hat und was ich mit "beste in der Welt" meinte, ist unter vielem Anderem das, was Du am Anfang geschrieben hast. Vorgestern erst lief eine Reportage im Fernsehen, wie sich arbeitende Frauen schindern müssen, weil es immer nocht viel zu wenig KinderStätten gibt und wieviel die kosten. Wie z. B. DAS in der DDR geregelt war - derartiges soll nicht an die Öffentlichkeit. Statt dessen setzt man an Wörter, die seit Jahrhunderten Mann und Frau meinten, ein "Innen" ran schon haben wir die Gleichberechtigung der Frau erfüllt. Und wir machen diesen Lügentrick mit. Toll, wie wir uns "gewandelt" haben!