In der "Innerparteilichen Kommunikation" ist ein Artikel veröffentlich von Dominik Heilig, der es in sich hat: "Den Vorhang aufstoßen". Wer ihn noch nicht gelesen hat, sollte das tun und wir sollten in unserem Forum unsere Meinung dazu austauschen. Ich habe es gemacht, siehe anbei.
Zu: „Den Vorhang aufstoßen“ von Dominik Heilig, 30.1.2013
Ähnliche grundsätzliche Überlegungen treiben mich auch um, noch etwas weitergefasst. Im Rahmen der gesamten westlichen Industriestaaten sind wir Linken in Deutschland noch die einzige linke Kraft von einiger Bedeutung. Unabhängig davon, ob diese linken Parteien bis zum Zusammenbruch des sozialistischen Lagers treu zur UdSSR gestanden haben wie die Franzosen oder sich schon Jahrzehnte vor dem Zusammenbruch der UdSSR sich aus einer allzu engen praktischen und theoretischen Gefolgschaft gelöst hatten sind sie bis zur gesellschaftlichen Bedeutungslosigkeit geschrumpft bzw. ganz verschwunden wie in Italien. Auch die gute praktische Arbeit der KP Portugals in der Nelkenrevolution hat die Partei vor dem Gang in die Bedeutungslosigkeit nicht bewahrt. Das wirft doch prinzipielle Fragen auf. Wieso gibt es im Mutterland des Kapitalismus`, in den USA, keine etablierte linke Bewegung. Die alten Bundesländer liegen offensichtlich im Trend dieser Entwicklung. Und wir in den neuen Bundesländern sind keineswegs der Ausgangspunkt für ein neues Aufblühen linker Bewegungen wenigstens in Deutschland. Wir haben im Osten nur eine Sonderbedingung und die wird in 10 Jahren aufgebraucht sein. Dann sind die GenossInnen gestorben oder nicht mehr arbeitsfähig, die jetzt noch überall Mitglied sind in Vereinen, Organisationen und kommunalen Wahlfunktionen sind, die sich dort als „Rote Socken“ zu erkennen geben und dafür bekannt sind und dafür geachtet werden, dass sie keine „Umfaller“ sind. Bereitsjetzt wird es immer schwerer, in die kommunalen Parlamente GenossInnen delegieren zu können entsprechend der errungenen Stimmenzahl. Und der Zusammenhalt mit den Delegierten außerhalb der Partei wird lockerer und schwieriger. Eigentlich sollte man mit dieser Kraftquelle der Partei sorgsam umgehen bis zu ihrem Versiegen, zumal sich diese GenossInnen meist eine hohe Bildung in der DDR-Zeit angeeignet haben. Feststellen kann ich aber so einen sorgsamen Umgang nicht, jedenfalls nicht in MV. Ohne neue theoretische Erkenntnisse zur allgemeinen Entwicklung unserer Gesellschaft ist unser Niedergang ebenfalls programmiert. Und mir wird man gleich vorprogrammiert sagen: Und du fühlst dich als ein besonders Schlauer. Es fehlt nur noch der Satz: Du willst doch nicht etwa klüger sein als die kollektive Weisheit der Partei.
Lothar Ratai, Am Bahnhof 1; 17258 Feldberger Seenplatte
Nicht erst das Abschneiden der Partei DIE LINKE bei den Landtagswahlen in Niedersachsen hat einige Mitglieder der Partei nachdenklich und besorgt zurückgelassen. Auch mich treibt vieles um. In dem folgenden Text habe ich versucht, einige dieser “Leerstellen” aufzuzählen. Darüber, so meine ich, sollte in den kommenden Wochen intensiv und mit vielen diskutiert werden.
Eine fehlende Auseinandersetzung zu den Leerstellen der LINKEN kann für die Gesamtpartei gefährlich werden Das Scheitern der Partei DIE LINKE an der Fünfprozenthürde bei den Landtagswahlen in Niedersachsen ist gleich aus mehreren Gründen schmerzlich. Zum einen, weil die Fraktion im Landtag von Niedersachsen in den vergangenen fünf Jahren eine sehr solide und gute Arbeit geleistet hat. Dieses Bild konnte man so nicht von allen Landtagsfraktionen im Westen, also jenen, die nur eine Legislaturperiode hatten, um sich inhaltlich zu profilieren, zeichnen. Zum zweiten zeigt die Wahlniederlage von Niedersachsen, dass DIE LINKE über keine „gefestigte Wählerschaft“ in den alten Bundesländern verfügt, die sie über die Fünfprozenthürde bei Landtagswahlen trägt. Erfreulich ist zwar, dass sich eine doppelt so große mehr oder minder „traditionelle“ Stammwählerschaft der LINKEN im Vergleich zur ehemaligen PDS im Westen herausgebildet hat. Dieses Pfund reicht aber bei weitem nicht aus, um das „Überleben“ ihrer Fraktionen auf Landesebene und einen Einzug der Partei mit zweistelligen Zustimmungswerten in den Bundestag zu sichern. Zum dritten, und das ist das eigentliche Hauptproblem, hat die sechste Wahlniederlage der LINKEN bei Landtagswahlen in Folge bislang nicht dazu geführt, dass sich mit den eigentlichen Ursachen des Scheiterns Seitens der Partei, besonders in der Bundespartei, auseinandergesetzt wurde. Diese Nicht-Auseinandersetzung aber ist tödlicher, als es derzeit von einigen Handelnden gesehen wird. Sie ist u.a. so gefährlich, weil sie weder nach innen noch nach außen einen Prozess des „Wir wollen es verstehen und anpacken“ erkennbar werden lässt. Ein solcher Prozess ist meiner Meinung aber Grundvoraussetzung, um der Linkspartei aus einem Glaubwürdigkeitsproblem heraus zu helfen, welches insbesondere durch das „Deckeln“ von Debatten in den letzten Jahren entstanden ist. Wir müssen also reden! Eine Fehlersuche wird in der Partei erschwert oder in Teilen sogar unmöglich gemacht, weil innerhalb der LINKEN Analysen noch immer instrumentalisiert werden, um GenossInnen, Landesverbänden oder politischen Strömungen einseitig „die Schuld“ zuzuschieben; sprich: ihnen ans Bein zu pinkeln. Unter GenossInnen eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Und doch ist es in vielen Situationen zu beobachten. Dabei geht es doch mitnichten darum, bereits wenige Stunden oder Tage nach Wahlsonntagen eine fertige Lösung zu präsentieren oder die alleinige Deutungshoheit über Schwächen und Fehler für sich zu reklamieren. Vielmehr muss es darum gehen, in einem ehrlichen und transparenten, also öffentlichen Prozess überhaupt in eine Debatte einzutreten und sich nicht in Hinterzimmern auszutauschen. Ein offener und vor allem öffentlich nachvollziehbarer Diskurs muss ein Wert an sich für eine linke Partei sein. Dazu gehört auch, mit Positionen und Meinungen umzugehen, selbst wenn es nicht die eigenen sind. Dies erst macht eine Partei interessant und sichtbar. Die Grünen beispielsweise sind Meister in der öffentlichen Vermittlung innerparteilicher Auseinandersetzungen. Und es hat ihnen nur selten geschadet, ja sogar mehr zu ihrer Profilbildung beigetragen. Dies kann man neidlos anerkennen, ob man die jeweiligen Ergebnisse inhaltlich teilt oder nicht. Hinzu kommt in Bezug auf DIE LINKE, dass es noch immer ein unterdurchschnittlich ausgeprägtes Verantwortungsgefühl innerhalb der Partei selbst gibt. Bis heute hat sich niemand so recht gefunden – mit Ausnahme von Manfred Sohn -, der oder die bereit ist, öffentlich und damit zunächst einmal gegenüber den eigenen WählerInnen und GenossInnen, die Verantwortung für das Abschneiden der LINKEN am 20. Januar zu übernehmen. Alles in allem also kaum ein Unterschied zu den verlorenen Landtagswahlen in NRW, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz. Verantwortlichkeit Fehlanzeige! Gemeint ist damit sicher nicht dem in der Politik verbreiteten Drang nach Rücktritten oder Rücktrittforderungen vorschnell oder gar populistisch nachzukommen. Nein, gemeint ist, dass sich bislang niemand aus der Partei (eine Ausnahme wurde genannt) ausdrücklich zu den Ergebnissen vergangener Wahlen gestellt und diese als Auftrag verstanden hat, für eine Umkehr des aktuellen Trends zu streiten. Der Verweis auf die Tatsache, dass verlorenes Vertrauen wesentlich schwerer wiederzugewinnen sei, als es zu verlieren, wird durch eine kollektive Verantwortungslosigkeit sogar unfreiwillig bewiesen. Vertrauen gewinnt man nicht von heute auf morgen. So weit, so richtig. Vertrauen gewinnt man aber vor allem dann nicht oder nur sehr schwer (zurück), wenn man gleichzeitig hauptsächlich hinter gezogenen Vorhängen diskutiert. Es ist sowieso fraglich, ob dies überhaupt in einem befriedigenden Maße hinter den Kulissen passiert. Das können (leider) nur die Beteiligten beantworten. Als Mitgliederpartei sind wir jedoch dazu verdammt, möglichst alle GenossInnen in einen solchen Diskurs einzubinden und diesen dadurch um viele verschiedene, wertvolle Erfahrungen und Meinungen anzureichern. In der Parteivorstandssitzung am Montag nach der niedersächsischen Landtagswahl beschäftigten sich dessen Mitglieder gerade einmal 90 Minuten mit dem Wahlergebnis, möglichen Ursachen und Folgen über die Landespartei hinaus. Zwar versprach man sich, weiter zu analysieren und zu diskutieren. Wenige Sätze später jedoch wurde mit Verweis auf den engen Zeitplan des Vorstandes bis zur Bundestagswahl dieses Versprechen relativiert. Übrig blieben Äußerungen gegenüber der eigenen Wähler- und Mitgliedschaft wie „Wir haben einen tollen Wahlkampf gemacht“ oder „Die Umfragen wurden zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung“. Aussagen wie diese müssen zwangsläufig Fragen und Widerspruch hervorrufen. Zu fragen wäre beispielsweise, warum, wenn denn der Wahlkampf so „toll“ war, DIE LINKE dann den Wiedereinzug in den Landtag verpasst hat? An der Entschlossenheit der GenossInnen vor Ort und aus anderen Landesverbänden, die sich aufopfernd in Niedersachsen einbrachten, hat es mit Sicherheit nicht gelegen. Wenn also die Aussage „Wir haben einen tollen Wahlkampf gemacht“ dahingehend zu verstehen ist, so ist ihr unumwunden zuzustimmen. Analysiert man jedoch die inhaltliche und strategische Ausrichtung des Wahlkampfes, sowie das damit erzielte Resultat, so kann man dem Wahlkampf der Partei kaum das Prädikat „toll“ verleihen. Der Wiedereinzug in den Landtag wurde nicht geschafft. Nun hätte man in den letzten Tagen an dieser Frage zumindest beginnend erörtern müssen, ob die gewählte Richtung der Gesamtpartei nicht doch an den Bedürfnissen, den realen Sorgen der Menschen und der Kräftekonstellation vorbei ging. Zwar ist die Partei ein bundespolitisches Phänomen, wie Horst Kahrs von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in seiner Wahlanalyse treffend schreibt. Dennoch hat die Ausrichtung der Wahlkampagne auf bundespolitische Themen („Statt Spekulanten…“ und „Gegen Bankenmacht…“) nicht dazu geführt, dass die Partei ein Ergebnis liefern konnte, das zufriedenstellen kann. Mehr noch: Durch die Ausrichtung des Wahlkampfes auf bundespolitisch zweifelsohne relevante Inhalte, ist die von allen Seiten gelobte Arbeit der Landtagsfraktion in den Hintergrund gedrängt worden. Landes- wie Bundespolitisch wurde im Niedersachsenwahlkampf vor allem auf die Funktion der Linkspartei als Korrektiv zu SPD und Grünen gesetzt. DIE LINKE trat so in einen Wettbewerb mit gleich zwei, ebenfalls aus der Opposition kommenden Parteien ein. Politische Verantwortung aber trugen in Niedersachsen (und tragen im Bund noch immer) schwarz und gelb. Diese hätten also Adressat demokratisch-sozialistischer Kritik sein sollen. Ginge es der Linkspartei um die Thematisierung von in der Vergangenheit beschlossener fehlgerichteter Sozial-, Europa- und Wirtschaftspolitik, mit zum Teil verheerenden Folgen für die Menschen in diesem Land, müssten also CDU und FDP die eigentlichen Reibungspunkte für DIE LINKE sein. Über eine solche inhaltliche Auseinandersetzung wäre auch die notwendige Auseinandersetzung mit der SPD wesentlich glaubhafter gewesen. Denn Tatsache ist, dass Angela Merkel (CDU) ohne die Unterstützung der Gabriel-SPD beispielsweise ihren europapolitischen Kurs in Zeiten der europäischen Finanz- und Sozialkrise nie hätte durchsetzen können. Statt dies ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung zu stellen, führt DIE LINKE eine Urheberrechtsklage nach der anderen gegen die SPD. Und dies nicht erst seit Niedersachsen. Umso unglaubwürdiger musste es dann aber gerade dort anmuten, wenn Spitzenpolitiker der LINKEN einerseits SPD und Grünen Bereitschaft für eine mögliche Regierungsbeteiligung in Aussicht stellten, gleichzeitig aber mit Sahra Wagenknecht ein prominentes Aushängeschild eben jener Parteiströmung als Verhandlungspartnerin präsentierten, die solchen Bündnissen mehr als nur kritisch gegenüber steht. Zwar konnte DIE LINKE sich damit zurück in den medialen Fokus schieben – was vor allem dem großen persönlichen Engagement von Sahra Wagenknecht geschuldet ist – , aus dem sie zuvor nachweislich gezielt gedrängt wurde. Einen elektoralen Aufschwung konnte die Partei dadurch jedoch nicht erzielen. Erneut wurde die These der LINKEN, dass ein Regierungswechsel nur mit ihr möglich sei, zählbar widerlegt. Bereits in den Landtagswahlkämpfen in Baden-Württemberg und in NRW führten SPD und Grüne ohne DIE LINKE und in starker Abgrenzung zu ihr einen Regierungswechsel herbei. Zu fragen ist also, ob der Kommunikation der SPD, wonach jede Stimme für DIE LINKE eine verschenkte Stimme sei, durch DIE LINKE richtig begegnet wurde. Die rot-grünen Landesregierungen in Baden-Württemberg, NRW und nun in Niedersachsen beweisen, dass es auch ohne DIE LINKE – zumindest wahlarithmetisch – reicht. Besorgniserregend ist auch, dass Vorstöße, wie die Positionierung der Partei als mögliche Koalitionspartnerin in Hannover, zuvor nicht ausreichend diskutiert wurden. Die Mitglieder an der Basis wurden erst über die Medien hierüber in Kenntnis gesetzt. Zumindest im Nachhinein wirkt die durch DIE LINKE vorgenommene Zuspitzung auf die Frage der Regierungskonstellation in Niedersachsen eher hinderlich für die Präsentation der Partei als eigenständige politische Kraft. Die Bundespartei gab so insgesamt ein diffuses Bild ab. Es waren einfach zu viele Pirouetten, es gab zu viel hin und her. Einmal verwies DIE LINKE darauf, sich zu Fragen einer möglichen Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl erst nach dem Urnengang in Niedersachsen äußern zu wollen, ein anderes Mal diskutierte sie öffentlich über die Möglichkeit eines gemeinsamen Kanzlerkandidaten von SPD, Grünen und LINKEN. Obendrein wurde die SPD mehrfach dazu aufgefordert, ihren Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück aus dem Rennen zu nehmen. Anlass genug für diesen Wunsch bot und bietet der Kandidat der Sozialdemokratie, keine Frage. Doch was würde wohl DIE LINKE sagen, wenn selbiges die SPD im Hinblick auf Gregor Gysi vortragen würde?! Klar dürfte nach dem verpatzten Start des SPD-Kanzlerkandidaten sein, dass die Sozialdemokratie nach dem gerade so geglückten Regierungswechsel in Hannover alles tun wird, um im Bundestagswahlkampf weitere Patzer ihres Spitzenkandidaten zu verhindern. DIE LINKE sollte sich also auch an dieser Stelle Gedanken über eine neue Form der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Steinbrück machen. Zusammengefasst muss man festhalten, dass das Auftreten der LINKEN in den letzten drei Monaten Ausdruck einer noch nicht gefundenen Antwort auf die Strategie der SPD, inhaltlich-rhetorisch wichtige und für DIE LINKE konstitutive wie symbolische Politikfelder zu besetzen, ist. Die Suche muss also weitergehen. Mit Sicherheit ist es aber nicht sinnvoll, als eine der Ursachen für unser Scheitern in Niedersachsen die Umfragen vor der Wahl (derart offensiv) zu benennen. Das Argument, die kontinuierlichen Umfragen von drei Prozent hätten uns real erst auf diesen „abgefragten“ Wert gedrückt, ist kaum haltbar. Vielleicht ist es so, dass die Umfrageinstitute unsere Zustimmungswerte ziemlich genau ermittelten? Das Wahlergebnis von 3,1 Prozent lässt diese Vermutung zu. Natürlich ist es richtig, seine Politik nicht immer nach Umfragen auszurichten oder ständig nach diesen zu schielen. Spannend ist aber, dass auch DIE LINKE mit Umfragen Politik macht, beispielsweise in Sachfragen wie dem Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan und der breiten Unterstützung für diese Forderung in der Bevölkerung. Es gilt endlich den Reflex in der Partei zu überwinden, immer äußere Faktoren für das Scheitern der LINKEN verantwortlich zu machen. Mal sind es die Medien, ein anderes Mal die Umfragen oder Fukushima. Lediglich kleinlaut werden Probleme bei der regionalen Verankerung oder durch den Verlust von Mitgliedern angerissen. Erst wenn wir es schaffen, die Verantwortung für unsere Niederlagen zuerst bei uns selbst zu suchen, sind wir frei genug, um auch Erfolge erzielen zu können. Erst dann ist es uns möglich, darüber zu diskutieren, warum DIE LINKE zum Beispiel in Niedersachsen in etwa gleich viele Wähler an andere Parteien (im Übrigen auch an die CDU) und an das sogenannte Nichtwählerlager verloren hat. Diese Zahlen sind äußerst schwer zu deuten und lassen mehrere Antworten zu. Eine könnte z.B. sein, dass DIE LINKE als Protestpartei im Westen – wie es Horst Kahrs andeutet – nur ein „Durchlauferhitzer“ für Protestwähler auf ihrem Weg in das Nichtwählerlager in den letzten Jahren war. Wäre diese Antwort eine der möglichen Erklärungen, hätte sie direkten Einfluss auf den postulierten Wunsch des Wandels der LINKEN von einer Protest- zur Veränderungspartei – vor allem aber auf den Zeithorizont, der uns dafür bleibt. Und wir müssen uns alle fragen, ob das ständige Spielen vieler Themen, unsere Art der Kommunikation hilfreich ist, oder eben nicht. Während des Wahlkampfes in Niedersachsen veröffentlichte die Partei einmal „Neun Schritte für einen Politikwechsel“, kurz zuvor durch die Bundestagsfraktion ein Vierpunktepapier und noch vor dem Jahreswechsel ein Sechspunktepapier durch die sogenannte Elgersburger Runde. Zu Recht wird immer wieder darauf verwiesen, dass die Zeit nach dem Göttinger Parteitag im Juni 2012 zunächst dafür genutzt werden musste, Gräben zu überwinden und den innerparteilichen Frieden wieder Raum gewinnen zu lassen. Wir sind in dieser Frage ein ganzes Stück weitergekommen, wenngleich noch ein weiter Weg auf diesem Felde vor uns liegt. Gleichzeitig muss man aber darauf achten, dass aus der eingekehrten Ruhe in der Partei keine Friedhofsruhe wird. Es entsteht der Eindruck, dass die Verweise auf die „Zeit vor Göttingen“ oder den bevorstehenden Wahlkampf notwendige Debatten innerhalb der Partei zunehmend ausbremsen. Oft wird in diesem Zusammenhang auf die jeweiligen Strömungen in der Partei DIE LINKE und die Gefahr des Ausbrechens neuer Konflikte zwischen diesen verwiesen. Betrachtet man die letzten Monate etwas genauer, so kann man zu dem Schluss kommen, dass es für diese Sorge zurzeit keinen Anlass gibt. Im Gegenteil: Wir sind gerade heute dazu verpflichtet, in einen Diskurs auf Grundlage unseres Parteiprogramms und neuer Erfahrungen einzutreten und Differenzen solidarisch miteinander zu besprechen. Dies zu unterlassen würde inhaltliche Konflikte – die es im Übrigen in jeder Partei gibt und die sogar bereichernd sein können – erneut zu persönlichen werden lassen und damit die Debatte um unser Wahlprogramm belasten. Konflikte allein auf Parteitagen über (Zähl)Abstimmungen aufzulösen, hat selten gut funktioniert, wie die Geschichte beweist. Antreiben sollte uns daher eher der Wille, radikaler zu analysieren und zu diskutieren und darauf aufbauend konkreter Politik zu gestalten. Dazu aber muss jeder und jede in der Partei eingeladen sein. Es hat sich gezeigt, dass alle ProtagonistInnen in der Linkspartei in all ihrer Unterschiedlichkeit bislang kein allgemeingültiges Rezept zur Wiederauferstehung der LINKEN gefunden haben. Weder (Verbal)Radikalismus noch allzu pragmatisches politisches Handeln haben allein Erfolge zeitigen können. Ein Plädoyer für das Ende von Schwarz-Weiß-Diskursen… Denn: Interessanter dürften für uns und die Menschen die Grautöne sein, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Und nur wenn wir um diese ringen, wird DIE LINKE wieder bunter. Von „Fragend schreiten wir voran“, wie es im alternativen Leitantrag in Göttingen formuliert wurde, als auch von der Forderung nach einer neuen innerparteilichen Offenheit ist aktuell nur die Hälfte geblieben. Dies zu ignorieren oder wegzuwischen hilft nicht weiter. Geschlossenheit und Engagement, welches wir über das Wahljahr 2013 hinaus brauchen, um DIE LINKE aufzubauen, erhält man immer noch durch überzeugende Argumente und Ideen. Voran aber steht immer der Austausch hierüber. Zitatende
Wer seine Fehler nicht analysiert, macht sie immer wieder. Mir klingt es noch von 1956 in den Ohren: "Keine Fehlerdiskussion, Genossen!" Und Du hast recht - die Darstellung der Fehler durch Genossen Heilig ist viel zu eng an die unmittelbare Gegenwart und die da aufgekommenen Wahlkonzepte gebunden. Die Gründe für Stagnation und gar Absacken der Partei liegen viel tiefer, von 1917 bis zur Wende 1989 und von da bis heute. Das Verhalten der Oberen beispielsweise zu unserem Forum spricht ja Bände. Wir haben den besseren Durchblick. GB
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Zitat von BüBro im Beitrag #3Wer seine Fehler nicht analysiert, macht sie immer wieder. Mir klingt es noch von 1956 in den Ohren: "Keine Fehlerdiskussion, Genossen!" Und Du hast recht - die Darstellung der Fehler durch Genossen Heilig ist viel zu eng an die unmittelbare Gegenwart und die da aufgekommenen Wahlkonzepte gebunden. Die Gründe für Stagnation und gar Absacken der Partei liegen viel tiefer, von 1917 bis zur Wende 1989 und von da bis heute. Das Verhalten der Oberen beispielsweise zu unserem Forum spricht ja Bände. Wir haben den besseren Durchblick. GB
Ich will natürlich mit dem obigen Kurzeinwurf ja nicht falsch verstanden werden. Dieses "dden Vorhang aufstoßen" ist der richtige Vorstoß, hoch anzuerkennen. Kolossal, was der Genosse Heilig alles zusammengetragen hat! Alles ja auch Aktivitäten, Überlegungen, Initiative, Bemühungen. Im Fernsehen sah ich, wie Sahra auf die Menschen zuging, sie wurde freindlich begrüßt. Aber Alles hat nicht geholfen. Zu wenig innerparteiliche kommunikation, klagt Heilig. Auf einmal! Hier im Forum haben wir das gemacht, gefordert, angespornt, da sind wir eingeschüchtert, ignoriert, kritisiert, ja sogar beschimpft worden. Wie wird es kommen? Jetzt, wo das ein prominenter Genosse sagt, da wird man es nun überall hochloben. So ist mir das 1980 im ND ergangen, im Fernsehen, in der SPD und jetzt hier. Wieder werde ich der dumme kleine Parteisoldat sein, den man ja nicht anhören muss. Dabei ist es aber so, dass der Aufruf des Genossen Heilig gar nicht ganz heilig ist. Er kritisiert, ja, das tut er, aber - oberflächlich, nicht in die Tiefe gehend. Es fehlt halt die Selbstkritik für wenigstens die Zeit ab 1989. Was ist damals schon alles falsch eingerührt worden. Dieser Tapetenwechsel, das sollte die Menschen überzeugen?! Dann diese irrsinnige, zumindest voreilige Fusion! Als ich davor auf der ersten Zusammenkunst mit der PDS gewarnt hatte, hat mich eine führende Genossen vernichtend böse angesehen. Von dem Tage an war ich schon wieder so was wie ein Dissident. Oder die Landeswahl von 2008 mit einem sparsamen Erfolg der Rostocker allein. Ich erklärte, dass dieser Erfolg katastroval gering war, weil doch gerade erst eine verheerende Krise begonnen hat und man eigentlich damit hätte rechnen müssen, dass Massen von Menschen zur Linken zurück kommen. Sofort wurde mir von einem führenden Genossen gesagt: Dich nehme ich nicht mehr ernst. Oder - welcher Jubel für die Wahl des Genossen Bockh...! Auch das hat nichts gebracht, im Gegenteil : Zersplitterung der Linken MV! Wieviel mal habe ich gesprochen und geschrieben, dass die beiden größten Fehler der Linkspartei einerseits die Nostalgie und andererseits die Neigung zum verlogenen bürgerlichen Parlamentarismus sind. Keiner glaubt mir das. Dabei braucht man bloß mal mit Menschen sprechen, die uns nicht wählen. Was man da alles zu hören kriegt! Ich habe solche Aussprüche gesammelt und sie den Genossen gegeben - nicht mal eine Antwort habe ich bekommen, Von wegen parteiinterne Kommunikation - kein Stück davon! Wie oft habe ich gedrängt, mehr geistige Arbeit anzuschieben! Habe Vorschläge gemacht - keine Antwort. Da brennen jetzt die politischen Probleme geradezu. Wir kommen zur einzigen Lütten Kleiner Veranstaltung des Monats, was geht los? Zwei Stunden Heimatkunde über das Entstehen dieser ach so stolzen Wohngegend! Es fehlt was in der ganzen Linkspartei. Da zündet nichts, da prallen keine Ideen auf, da geht man über das Gewähltwerden nicht hinaus, da werden ganze Bände von Versprechungen gemacht, wie "wir UNSER Land schöner machen werden" (auf einem riesigen Wahlplagat eines unserer leitenden Genossen). Wessen Land ist denn MV, doch nicht unsers! Das war einmal. Und dreist, wenn man uns etwas mehr wählen würde - woher wollen wir denn das Geld nehmen? 8 Jahre lang hatten wir einen linken Minister für Arbeit - wurden es weniger Arbeitslose? Kein Stück! Wieviel Vorschläge haben wir hier im Forum gemacht, wie wir gegen die Machenschaften des Kapitals und seiner Handlanger auftreten müssten, z. B. Waffenbau, Bereicherung an den Gesundheitsgeldern, Preise auf Autosprit... Vom Landesvorstand kein Mitziehen! Und so sage ich es auch jetzt noch einmal: DA ist die Aufgabe einer Linkspartei! Mehr Aufruf, mehr Empörung, mehr Entlarvung, mehr Anklage gegen Arbeitslosigke, gegen ungerechte Verteilung der Reichtümer des Landes, gegen Preis- und Kriegstreiberei.GB
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Zitat von BüBro im Beitrag #3... 8 Jahre lang hatten wir einen linken Minister für Arbeit - wurden es weniger Arbeitslose? Kein Stück! Wieviel Vorschläge haben wir hier im Forum gemacht, wie wir gegen die Machenschaften des Kapitals und seiner Handlanger auftreten müssten, z. B. Waffenbau, Bereicherung an den Gesundheitsgeldern, Preise auf Autosprit... Vom Landesvorstand kein Mitziehen!...
Vielleicht finden die bessere Lösungswege die Anzahl der Jobsuchenden zu reduzieren, wie z.B. das Arbeitsamt Plauen.
"Als 1-Euro-Jobber sollten die Hartz IV Bezieher im Plauener Hammerpark das Unterholz lichten – und damit Platz für den Kampfmittelräumdienst schaffen. Denn in dem Bereich wird Berichten zufolge rund ein Dutzend Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg vermutet. Das Perfide: Wie aus Medienberichten hervorgeht, soll die zuständige Behörde bei einer Weigerung den Betroffenen mit Leistungsentzug gedroht haben.