Die Junge Welt hat ein Gespräch mit dem ehemaligen Generalsekretär der KP der Tschoslowakai Wilos Jakes veröffentlicht.
Hier der erste Teil, der auch uns und die DDR betrifft.
Frage des tschechischen Reporters: Worin sind die generellen Gründe dafür zu suchen, daß die USA und der Westen den Kalten Krieg gewannen und das sozialistische System in Europa gefallen ist?
Antwort Jakes: Die grundlegende Ursache sehe ich im Verlassen des Klassenstandpunktes bei der Lösung der Probleme in der Innen- und Außenpolitik. Für den Fall des ganzen Systems existierten keine systemimmanenten Ursachen. Der Sozialismus war nicht am Ende, weil es nicht genug Reformen gegeben hätte. Seine Niederlage ist eine Folge der Perestroika, falsch verstandener Demokratisierung und der sogenannten Glasnost nicht nur in der UdSSR, sondern in der ganzen Gemeinschaft der sozialistischen Länder in Europa. (...)
Sind Sie der Meinung, daß das Treffen von George Bush senior mit Michail Gorbatschow auf Malta am 2. und 3. Dezember des Jahres 1989 das Signal zum Auseinanderbrechen des sozialistischen Blockes war? Gorbatschow verkündete, daß jeder sozialistische Staat seinen eigenen Weg gehen könne.
Jakes: Das hatte Gorbatschow schon früher von sich gegeben. Ich bin überzeugt, daß dieses Treffen einer Kapitulation gleichkam, denn kurz zuvor war es zu einem Wechsel führender Repräsentanten und Umstürzen in sozialistischen Ländern gekommen. Also die Bedingungen für einen Umsturz haben weder Václav Havel noch die »Charta 77« geschaffen, sondern die Politik der Perestroika in der UdSSR.
Wie bewerten Sie Gorbatschow heute? Hat er die Perestroika nicht im Griff gehabt, oder bestand sein Ziel darin, das sozialistische System zu abzuschaffen?
Jakes: Das ist schwer zu beurteilen, aber letzten Endes ging es um Verrat. Er hat sich auf seine Weise zum Sozialdemokraten ernannt, d. h. er hat unter dem Beifall des Westens das sowjetische sozialistische System abgelehnt, hat die grundlegenden Prinzipien des Marxismus-Leninismus verlassen und das klassenmäßige Herangehen an die Lösung von Problemen verworfen.
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Ich habe in unserem Politikforum "Linke in MV" an die Überschrift "Kapitulation durch Gorbatschow" ein Fragezeichen gesetzt. Keiner fragt "Warum".
Ich sage es gleich mal voraus: Der Verräter war nicht Gorbatschow, sondern all die Apparatschiks, die Angst um ihre Pöstchen und die daran hängenden Privilegien hatten. Deshalb hassten und hassen sie noch heute die Perestroika. So konnten und wollten sie natürlich nicht erkennen, dass die Perestroika der letzte Hoffnungsweg zur Steigerung der Produktivität und damit eine eventuelle Rettung des Sozialismus war. Statt dessen sind sie in fast allen noch sozialistischen Ländern an der weit übertriebenen und Eigeninitiative hemmenden Planwirtschaft hängen geblieben. Mehr noch – sie sabotierten alle einzelnen Schritte der Perestroika, vor allem natürlich die gerechte Übergabe der Betriebe an die Belegschaften. Auch die neue Wahlordnung der Partei wurde fast vollständig boykottiert.
Da zeigt sich, wie unehrlich der letzte tschechoslowakische Cheff-Apparatschik die Geschichte "aufarbeitet".
Gleich an zweiter Stelle sei gesagt, dass politische Urteile von Anfang an brüchig sind, wenn sie nicht in marxistischer Manier vom materiellen Boden einer Entwicklung ausgehen. Der gewesene Sozialismus-Vorstoß fand in einer Reihe der ärmsten Länder Europas, in einem Teil der 2. Welt statt. Die Parolympianer standen quasi den Champions des Weltsports gegenüber. Auch die von der Natur her noch am besten versorgte Tschechoslowakei hatte große Nachteile zu bewältigen.
Das Hauptergebnis war, besonders für die Sowjetunion, dass die Mittel nicht mehr für das Wettrüsten ausreichten. Nachdem Reggen 1986 mit der SDI drohte, war die Sowjetunion und mit ihr der Sozialismus auf Erden so gut wie erledigt. Immerhin aber setzte Gorbatschow eine Hoffnung auf eine sprunghafte Steigerung der Arbeitsproduktivität durch die Maßnamen der Perestroika, aber da hatten ihn ja seine eigenen Leute im Stich gelassen, auch "Genosse" Honecker, Jakes u all die anderen. Er wurde sabotiert, im Urlaub eingesperrt, diffamiert und abgesägt. Der richtige Verräter, der größte Saufbruder der Weltpoliotik löste dann die Sowjetunion auf, machte aus seinen Apparatschigi Neu-Kapitalisten und weckte allerorts wieder den alten Rassen- und Völkerhass auf, mit Mord und Totschlag in ganz Osteuropa.
An all das kann sich natürlich der "Kostenfreie" TchSR-König nicht erinnern.
Günter Brock,
ehem. Moskauer Korrespondent des ND, geschasst von Schabowskmi wegen Protest gegen einseitige Berichterstattkung, 1990 Gründer des Nordmagazins, Linkspartei
Tel. 0381 711993
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Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken. Das zum Gorbatschow! Die Mitläufer sind nicht die Schuldigen, außer durch ihre Untätigkeit. Ronald Reagen trat am Anfang seiner Legislatur der 80er mit dem Spruch an: "Ich werde den Sozialismus tot rüsten!". Das hat er ja auch geschafft nicht nur durch SDI! Die dann dem Verfallsdatum sich nähernden Bomben, Raketen und sonstigen Todbringern(auch mit atomaren Kernladungen) wurden dann von Busch sen., Clinton und Busch jun. auf den Irak, Jugoslawien, Afganistan u.a. Länder "fallen" gelassen mit den bekannten Kollateralschäden.
Sooo zusammengefasst, hast Du vollkommen Recht. Leider scheinst Du nicht ganz informiert zu sein, was SDI bededoutete. Nimm es bitte nicht Übel, wenn ich dazu ein paar Ergenzungen mache (obwohl auch ich nicht etwa alles weiß). Die Entscheidung fiel 1986 auf dem total abgegrentzten Treff Ragans und Gorbatschow. Zu dem Zeitpunkt hatte die USA bereits 25 Milliarden für das Objekt ausgegeben, und Reagan konnte damals ganz cool vorzeigen, was geschehen wird, wenn die UdSSR nicht das Handtuch wirft. Sowohl Gorbatschow wie auch seine Heerführung konnten zur damaligen Lage keine wirksame Rettung vorlegen. Die Sowjetunion konnte niedergemacht werden, während die USA keinen entscheidenden Bechuss abkriegen würden. Denn - die amerikasche Rechnung beruhte auf der unterschiedlichen geografisch gegebenen Überlegenheit, Die war erst nach etwa drei-viert Jahren unter Putin nach neuer, unsagbar teurer Rüstung aufgehoben. Davor hätte die Sowjetunion höchstens damit drohen können, Westeuropa einzuäschern. Dass es dazu nicht kam, haben wir Gorbatschow zu verdanken.
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Nein, nein, ktata irrt sich da gewaltig. SBI war überhaupt kein Bombenangireff-Projekt. Es ging um den Einmarsch der Wallstreet in Moskau und ganz Russland. Das hat die USA voll erreicht.
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Entdchuldigung, es geht mir nicht um Recht haben. SDI ist eine so schlimme Sache, dass man nicht alles schreiben mag. Ich sage nur - Nagasaki. Eine Atombombe auf eine Großstadt, die der Gegner nicht erwidern kann, und die Kapitulation ist perfekt.
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Hallo Heike, ich will nicht so sein und doch noch wenigstens ein paar Worte schreiben.
Da stand Gorbatschow 1986 nach dem Treffen mit Schauspieler Reagan in Reykjavik auf der Straße und musste nun entscheiden, was er machen soll. Schließlich versicherte er aller Welt: „Ich wollte schon lange den Kommunismus abschaffen.“ Deswegen hatte er ja die Perestroika ausgerufen. Demokratischer Sozialismus, also keinen stalinschen Kommunismus mehr, hieß das. Der neue Truman hatte nun keinen so rechten Vorwand mehr, öffentlich mit SDI zu drohen, und der Erfinder des SDI, einst Kommandant über den Bau der ersten Atombombe der Welt, war noch nicht fertig. Gorbatschow dagegen setzte also die Perestroika erst mal fort, um Zeit und höhere Arbeitsproduktivität zu erzielen. Was dann kam, habe ich ja oben schon geschildert.
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Nun werden wir viel erfahren, worüber wir im Dezember 2011 diskutiert haben. Ich hatte meine Kenntnisse ja auch nur aus Gesprächen. Zur Zeit der Perestroika war ich nur zweimal kurz in der Noch-Sowietunion und das auch zu anderen Fernsehaufgaben. Lassen wie uns überraschen...GB
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Danke, Prekarier, dass Du dieses Thema wieder nach oben geracht hast,
hier sind interessante Beiträge mit außergewöhnlichen "Weisheiten" zu lesen,
sowohl von Wilos Jakes (gemeint ist sicher Miloš Jakeš), als auch von Bü[nter]Br[ock]!
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zu BüBro #2 "Kapitulation durch Gorbatschow?"
(von Günter Brock, "ehem. Moskauer Korrespondent des ND, ..." - also einem außerordentlichen Sachkenner Russlands):
"... Der gewesene Sozialismus-Vorstoß fand in einer Reihe der ärmsten Länder Europas, in einem Teil der 2. Welt statt.
Die Parolympianer standen quasi den Champions des Weltsports gegenüber. ..."
Das musst doch jeder (wie es BüBro ausdrückte) "in marxistischer Manier vom materiellen Boden einer Entwicklung ausgehend" sehen, wie unfair es von den Kapitalisten war, dass sie während des 1. Weltkrieges den "Sozialismus-Vorstoß" nicht in ihren entwickelten Ländern England, USA, Frankreich und Deutschland (oder auch der Schweiz) initiiert haben, sondern das Deutsche kaiserliche Kriegsministerium beauftragt hatten, ausgerechnet Russland dafür auszusuchen!
Das war doch das rückständigste aller "großen" Länder jener Zeit, und ausgerechnet Lenin wurde dafür bezahlt und dorthin gebracht, damit er dort eine Revolution anzettelt und das Land vollkommen ins Chaos stürzt. Damit fiel es sowohl als Kriegsgegner Deutschlands aus, als auch als Großmacht der "Nachkriegsordnung" nach dem Sieg der Entente.
Wäre Lenin klug gewesen, hätte er sich nach England oder in die USA bringen lassen und dort den Sozialismus als "erste Stufe des Kommunismus" eingeführt.
Aber: Lenin ist leider nicht "in marxistischer Manier" vom materiellen Boden der Entwicklung ausgegangen!
Dabei hätte er doch wissen müssen, dass in Russland (nach G. Brock) das Wetter zu schlecht für einen Sozialismus ist.
Wären die Kapitalisten nicht so bösartig gewesen, ihren Agenten Lenin nach Russland zu bringen und hätte Lenin etwas nachgedacht, wäre er doch in der Schweiz geblieben und hätte dort den Sozialismus eingeführt!
(damals gab es den Sender Eriwan noch nicht und die in einem anderen Thema am 11.03.2016, 13:56 gestellte Frage wäre damals nicht publik geworden:)
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Anfrage an Radio Eriwan: "Kann man in der Schweiz den Sozialismus errichten?"
Antwort: "Im Prinzip ja, aber warum sollte man eine blühende Wirtschaft zerstören?!"
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Die Länder Osteuropas waren nicht selber dafür verantwortlich, dass ihnen entsprechend dem "Hitler-Stalin-Pakt" von 1939 und den nachfolgenden "Jalta" und "Potsdam" die missratene Sozialismus-Perversion von Lenins Nachfolger Stalin aufgedrückt worden ist - die Völker sind weder 1939, noch 1945 gefragt worden.
Vielen Dank, lieber Erik (der Rote).Einer musste es mal Bübro sagen. Bübro meint der Sozialismus hätte nicht im ärmsten Land zuerst errichtet werden sollen. Aber: In den reichsten Ländern haben die Menschen kein Interesse am Sozialismus, es gibt zu mindestens keine Mehrheit dafür.
... in "Allgemeine Statuten der Internationalen Arbeiter-Assoziation"
(Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, Dietz Verlag, Berlin. Band 17, S. 440ff)
"In Erwägung,
...
daß die Emanzipation der Arbeiterklasse weder eine lokale, noch eine nationale, sondern eine soziale Aufgabe ist, welche alle Länder umfaßt, in denen die moderne Gesellschaft besteht, und deren Lösung vom praktischen und theoretischen Zusammenwirken der fortgeschrittensten Länder abhängt;
..."
Es wäre also um ALLE LÄNDER gegangen, in denen "DIE MODERNE GESELLSCHAFT BESTEHT"
und vor allem setzt Marx voraus, dass es von den
"FORTSCHRITTLICHSTEN LÄNDERN" abhängt.
Also konnte weder das rückständige Russland der Ausgangspunkt sein, noch die von von der stalinistischen Sowjetunion eroberten osteuropäischen Länder!
Das Scheitern war also schon im Anfang angelegt! - das hätten nicht nur Lenin und Stalin wissen müssen, es hätte auch jeder Marxist bei Marx nachlesen können.
So kam es, dass die PSEUDOmarxisten der "Arbeiterklasse" keine Emanzipation bringen konnten, sondern die Arbeiter sogar noch schärfer unterdrücken MUSSTE, um sie mit Gewalt daran zu hindern, sich ihrem menschenverachtenden "Experiment mit Menschen" zu entziehen.
Geradezu größenwahnsinnig war es dann auch noch, als sowieso schon wirtschaftlich Unterlegener, die "Weltrevolution" als Ziel auszurufen, und damit den tatsächlich
"fortgeschrittensten Ländern" mit ihrer "modernen Gesellschaft" (nach Marx) den Kampf anzusagen (um nicht zu sagen "den Krieg zu erklären").
Dieser WettKAMPF war von vornherein - wie es G.Brock ausdrückte - für die "Paralympiker" gegen die "Champions des Weltsports" verloren,
und das hatte nichts mit "Unfairness" zu tun, auch nicht, (wie GB immer wieder als "Entschuldigung" vorträgt) mit "Wetter", "Flussgefälle", "eisfreien Häfen" usw.
sondern war das absehbare logische Ergebnis eigenen Größenwahnsinns, Selbstbetruges und Unfähigkeit der "führenden Genossen" und der treudoofen Gläubigkeit von deren Handlangern!